Geht das: Mit 75 Watt in CW 700000 Kilometer überbrücken?
Es geht. Davon konnten sich unsere OMs des OV Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (W35) überzeugen. Die über unsere Medien angekündigte Funkaktivität des Amateurradioklubs am 300-Meter-Spiegel in Arecibo/Puerto Rico ließ uns aufhorchen. Es hieß, dass man mit kleiner Ausrüstung - verglichen mit dem Aufwand der aktiven EME-Stationen – einen Kontakt mit KP4AO auf dem 70-cm-Band herstellen könne. Und das nicht nur in den dafür oft verwendeten Digimodes, sondern ganz profan in SSB oder CW. Da hüpfte das Herz der Kurzwellen-Pile-up-Arbeiter: haben wir eine reale Chance? Im Stationsraum steht ein IC910, der 75 W liefert. Also beschaffte Reinhard (DK5RK) eine 20-Element- Yagi , die bei einer Länge von etwa 3 Metern einen Gewinn von 15 dBd aufweisen soll. Einen rauscharmen Vorverstärker hatten wir nicht. Als zweite Station hatten wir dann den TS2000 von Robert (DL4HRM) mit 100-Watt-PA und integriertem Vorverstärker für die Aktion im Funkraum aufgebaut. Für Hörexperimente brachte Ernst (DK7AN) seinen Portabel-Funkkoffer mit einem FT817 mit.
Die Antenne
Ein QSO sollte mit einer Hand-held-Antenne möglich sein. In der Tat ist die 3m-Yagi recht gut zu beherrschen. Das war sehr wichtig für uns, da wir kein Zwei-Ebenen-Drehgerät hatten. Die Justierung geschah einfach durch Lösen der Klemmmuttern und Drehen per Hand. Aber welche Winkel in Azimut und Deklination sollten eingestellt werden? Da half uns das Programm Luna-Projekt von DH0HQI. Am Donnerstag (17. April) war der Testtag für die Ausrüstung. Der Himmel war bedeckt. Es war bei abnehmender Tageshelligkeit kein Mond zu sehen. Die Eisengeländer der an sich idealen Turmspitze unseres QTHs ließen die Kompassnadel in Phantasierichtungen zeigen. Als es dunkel wurde verzogen sich die Wolken und der Mond strahlte mit seiner filigranen Sichel am Himmel, begleitet von der Venus, die nicht weit davon ihre Bahn zog. An den drei Tagen der KP4AO-Aktivität störte dann keine Wolke unsere Peilung. Bei einem Öffnungswinkel der Antenne von 20 Grad richteten wir die Antenne alle 20 Minuten neu aus. Um Verluste zu minimieren, kürzten wir das Ecoflex7-Antennenkabel auf die unbedingt notwendige Länge von 7 m.
Die Höreindrücke
Am Freitag (18. April) kam die Stunde der Wahrheit. Im DX-Cluster wurde KP4AO in SSB gespottet. Tolle Lautstärken – aber sicher gehört mit Antennenarrays, von denen wir nur träumen konnten. Ein bisschen bekamen wir dann aber doch mit. Ab und zu ein Buchstabe oder zwei, was uns für CW hoffen ließ. Aber auch hier reichte die Hörbarkeit für ein vernünftiges QSO nicht aus. Dann kam die Info im Cluster, dass man bei KP4AO mit 30 Watt arbeitete, weil die PA defekt war. Das ließ uns für den 18. Und 19. April hoffen. Und tatsächlich waren die Signale am Sonnabend und Sonntag in SSB und CW anrufwürdig. KP4AO und die von ihm gegebenen Rufzeichen waren teilweise vollständig aufzunehmen. Wir machten die Erfahrung, dass die drei Geräte IC910, TS2000 und FT817 eine hörmäßig etwa gleiche Empfindlichkeit haben. Der in der externen PA eingebaute Vorverstärker von Robert verbesserte den Signal-Rausch-Abstand nicht merklich. Er war aber auch nicht direkt an der Antenne angeschlossen.
Die QSOs
Wir schätzten unsere Chancen in SSB so gering ein, dass wir es gar nicht erst probierten, verfolgten aber den Verlauf. Europäer und Nordamerikaner dominierten als QSO-Partner. Dann schaltete KP4AO auf CW-Betrieb um. Hier hieß es, die ganze Pile-up-Erfahrung in die Waagschale zu werfen. Ganz ungewohnt waren die riesigen Wartezeiten zwischen dem „up“ von KP4AO und dem Rufzeichen des glücklichen Anrufers, der dann im Log stand. Immerhin musste die Entfernung Erde-Mond viermal durchlaufen werden. Das ergibt etwa 5 Sekunden Wartezeit. Das ist nicht zu vergleichen selbst mit einem CW-Pile-up einer DXpedition im Pazifik auf Kurzwelle, wo nur einige Millisekunden Verzögerung vorkommen. Mit viel Glück gelangen sowohl Ernst (DK7AN) am Sonnabend als auch Robert (DL4HRM) am Sonntag jeweils wenige Minuten nach dem Beginn des CW-Betriebs QSOs mit KP4AO. Die Splitfrequenzen lagen etwa in der Mitte des Empfangsfrequenzbereiches. So ganz klar war das mit den Frequenzen nicht, denn es existierte auch eine Dopplerverschiebung von über einem Kilohertz nach unten. Da durfte man sich nicht nach dem DX-Cluster richten, wo oft die angegebene Frequenz von 432.045.00 MHz gespottet wurde. Wir glauben, dass KP4AO besonders auf leise Signale hörte, um die Leistungsfähigkeit des Arecibo-Spiegels unter Beweis zu stellen. Wie können wir unser Glück sonst anders erklären?
Ein besonderes Hörerlebnis
Während Robert und Reinhard am Sonntag an der Station saßen, klappte Ernst zu Hause auf der Terrasse seinen QRP-Koffer auf, schloss das Antennenkabel an den FT817 und die extra dafür beschaffte 11-Element Yagi an, stellte die Antenne bei klarem Himmel per Hand auf den Mond ein und notierte die ersten Rufzeichenfragmente in SSB. Es war fast nicht zu glauben. In CW konnte schließlich ein kleines Hörlog angefertigt werden.
An der Vorbereitung der Aktion nahmen noch mehrere OMs unseres OV's teil. Wir bedanken uns bei den noch nicht genannten Burkhard (DF3AM), Hugo (DL2HRH), Hubert(DK3AR), Uwe (DM2GG), Roland (DK2RM) und Bernd (DL6MOG).
EME-QSO von Ernst, DK7AN mit KP4AO über den 300m-Arecibo-Spiegel in Puerto Rico.